Face of the day: Anahita Sadighi
- Wegbereiterin über die Kunst hinweg.
„Meine Galerien verstehe ich als lebendige Orte, an denen Menschen zusammenkommen und Kunst in ganz neuen Kontexten erleben", sagt Anahita Sadighi. Die junge Kuratorin aus Berlin ist mehr als nur eine Botschafterin des Kreativen. Wer sich näher mit Sadighi auseinandersetzt, erkennt ihr eine kosmopolitische Sprecherin, die sich zwischen Kulturen, Generationen und Zeiten bewegt. Im Interview mit Avoury spricht die inspirierende Frau über die außergewöhnliche Idee hinter ihren Galerien, ihr Engagement für junge Künstlerinnen und ihre ganz eigene Sicht auf die Kunst.
„Der Dialog ist für mich das Wichtigste",
sagt Anahita Sadighi, die 1988 im Iran geboren wurde. Das sei auch der Grund, warum sich die junge Frau vor rund einem Jahr auf ein neues Projekt eingelassen hat: 2018 eröffnete Sadighi mit Anahita Contemporary in der Schlüterstraße im Westen Berlins ihre zweite Galerie. Hier stellt sie ausdrucksstarke zeitgenössische Kunst aus Deutschland, dem Mittleren Osten und Asien. Ihre erste Galerie, Anahita - Arts of Asia, konzentriert sich auf alte Kunstwerke aus dem Fernen Osten, wie handgewebte Teppiche und japanische Farbholzschnitte. Die Kombination aus Alt und Neu ist bewusst von ihr gewählt, sie mache für Sadighi ein wichtiges Fundament des Lebens aus. Aus der Auseinandersetzung mit beiden Kunstformen schöpfe sie: „Traditionelle Kunstformen sind zeitlos. Sie haben eine große Bedeutung, die oft vergessen wird. Als junge Galeristin interessiere ich mich aber auch für zeitgenössische, moderne Kunst. Ich versuche, das kulturelle Erbe mit etwas völlig Neuem zu verknüpfen".
Kunst als Quelle des gegenseitigen Austauschs.
Sadighi, die in Berlin aufgewachsen ist, lebt ihren innovativen Ansatz in ihren Galerien voll aus. Hier hat die Kunstexpertin einen Ort für besondere kulturelle Veranstaltungen geschaffen. An Abenden wie der Poetry Night rezitiert sie persönlich Gedichte aus der persischen oder arabischen Literatur. „Ich möchte damit ein Verständnis für die verschiedenen Kulturen in Berlin schaffen", sagt Sadighi. Das sei ihr, gerade auch wegen ihres eigenen kulturellen Hintergrunds, wichtig.
Einen Austausch schafft die Kunstliebhaberin auch auf der digitalen Ebene. Wenn es die Zeit erlaubt, arbeitet sie an einer App: „Das Ziel von Artlokator ist es, eine neue Generation von Kunstinteressierten zusammenzubringen und Informationen über Kunstwerke schnell verfügbar zu machen", erklärt Sadighi. Auch hier zeigt sich ihre große Stärke: Menschen über die Kunst miteinander zu vernetzen.
Zeit für einen eigenen Weg.
Die Liebe zur Kunst begleitet Sadighi seit ihrer Geburt. Ihr Vater ist ein angesehener Kunstsammler, der einst seine eigene Galerie in Berlin hatte. Ein Studium der islamischen Kunst in London und die Arbeit als Galeriemanagerin für die Kunstmesse Art Dubai festigten ihren Wunsch, Kuratorin zu werden. „Mir war schnell klar, dass ich meine eigene Galerie mit eigenen Zielen gründen wollte", erklärt Sadighi. Das ist ein mutiger Schritt, der viel Verantwortung mit sich bringt. Doch der Weg in die Selbstständigkeit hat sie nicht abgeschreckt. Ganz im Gegenteil: „Ich wollte nie einem traditionellen, vorgelebten Lebensweg nachgehen. Ich bin ein abenteuerlustiger Mensch und es hat mich gereizt, etwas Eigenes aufzubauen", sagt die Galeristin. „Ich gehe nie halbherzig an eine Aufgabe heran. Wenn ich mich einer Sache verschreibe, investiere ich meine ganze Liebe und Leidenschaft in sie.
„Wenn Galeristin und Künstlerin zusammenkommen, entsteht eine besondere Synergie."
In ihrer Galerie für zeitgenössische Kunst arbeitet Sadighi Hand in Hand mit anderen Künstlern. Viele der jungen Leute, die Sadighi fördert, sind Künstlerinnen - speziell für sie konzipiert sie neue Ausstellungsformate. Ihr als Frau sei es ein großes Anliegen, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen. „Ich möchte einen Raum schaffen, in dem Künstlerinnen gemeinsam arbeiten können, indem sie ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit haben. Mein Ziel ist es, neue Strukturen in der Kunstwelt zu schaffen, die lange Bestand haben werden. Das sei Sadighi wichtig: „Nicht nur, weil sie Frauen sind, sondern weil sie als Künstlerinnen mindestens genauso gut sind wie Männer." Ihren Künstlerinnen geht es um Themen wie Identität, Dynamiken oder die Wirkung von Materialien, Farben und Formen. „Es ist wahnsinnig spannend in die Welt von Kreativen einzutauchen, die man toll findet. Wenn Galeristin und Künstlerin zusammenkommen, entsteht eine besondere Synergie, aus der bedeutende Projekte hervorgehen“, so Sadighi.
Vielversprechende Talente ausfindig zu machen, sie zu fördern und zu vermarkten gehört zu ihren wichtigsten Aufgaben. Junge Menschen unterstützt sie gerne mit einem Stipendium. Innerhalb des Artist Residency-Programms erhalten sie die Chance, einen Monat lang in Sadighis Galerien in Berlin zu arbeiten und eine eigene Ausstellung zu organisieren.
„Tee hat eine belebende Seite.“
Inspiration für ihre Arbeit findet Sadighi, wenn sie ihren vielseitigen Interessen nachgeht. Dazu gehört neben der Kunst auch die Auseinandersetzung mit Musik, Literatur, Theater und Film. Auf Reisen taucht sie hautnah in die Welten anderer Kulturen ein und schöpft dort auch aus kulinarischen Erlebnissen. Besucht Sadighi ihr Heimatland, trinkt sie am liebsten Tee - im Iran hat das Getränk einen besonderen Stellenwert. „Ich bin damit aufgewachsen“, sagt die junge Frau. Klassisch werde Tee gemeinsam mit der Familie oder Gästen getrunken, etwa zum Frühstück oder am Nachmittag zu Datteln oder süßen
Köstlichkeiten: „Für mich hat Tee eine zwischenmenschliche Komponente, eine belebende, bewusstseinserweiternde Seite.”
Die vielseitigen Facetten ihres Lieblingsgetränks möchte sie speziell der jüngeren Generation zugänglich machen. Sadighi lädt deshalb regelmäßig auch zu Abenden ein, an denen junge Menschen in der Galerie zusammenkommen, gemeinsam Tee zubereiten und trinken.
Auch in dieser Idee zeigt sich, dass Sadighi eine einzigartige, inspirierende Frau ist, die nicht nur in Sachen Kunst neue Maßstäbe setzt. Mit Ihrer Denkweise schafft sie eine nie dagewesene Sicht auf die Dinge und gibt ihnen eine ganz neue Bedeutung. Wir sind begeistert vom Wesen der Kuratorin und sind uns sicher, dass wir
noch einiges von ihr hören werden.
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